07 Feb Die Angelo-Stiftung für Krebskranke wird zehn Jahre alt
Seit zehn Jahren setzt sich die sogenannte Angelo-Stiftung für Familien ein, in denen ein Kind oder ein Elternteil schwer erkrankt. Gerade Alleinerziehende können die hohen Kosten, die durch die Behandlung entstehen, neben ihren alltäglichen Ausgaben oftmals kaum stemmen. In solchen Fällen hilft die Organisation. „Die Angelo-Stiftung füllt Lücken, wenn das Geld wirklich nicht mehr reicht“, sagt Gründerin Evi Clus.
Zwischen 60 und 70 Familien hat die Stiftung seit 2012 geholfen.
Ein Fall, der sie bis heute bewegt, ist der der Familie Ahrens aus Veringenstadt. Im Alter von 20 Monaten erkrankt Nicole Ahrens’ Tochter Hanna an Blutkrebs. Mit der Diagnose hat sich das Leben der Familie Ahrens 2018 von einem auf den anderen Tag komplett verändert. Und wurde nie wieder so wie es einmal war. „Für uns hieß es immer: Augen zu und durch – wir schaffen das“, erinnert sich Nicole Ahrens im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die Möglichkeit einer Stammzellenspende durch ihren achtjährigen Sohn Janne stimmt die Familie optimistisch.
Nach der Transplantation greifen die gespendeten T-Zellen jedoch Hannas Organe an und nicht die Krebszellen, die sie töten sollen. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich daraufhin immer weiter. Knapp ein Jahr nach der Diagnose – im April 2019 – stirbt Hanna.
Stiftung unterstützt die Familie Ahrens
Evi Clus und ihr Angelo-Team waren in dieser Zeit für die Familie da. Die Stiftung unterstützt aber nicht nur mit Sachspenden, sondern kümmert sich auch um die Familienmitglieder. Wie viel der Partner oder die Kinder in dieser Zeit leisten und an Kraft aufbringen müssen, weiß die Hermentingerin aus eigener Erfahrung. Zweimal ist sie bereits selbst an Krebs erkrankt. Unterkriegen lassen hat sie sich davon nie. Im Gegenteil: „Man kann ja nichts dafür, das ist Schicksal. Aber dann muss man es anpacken. Und die Herausforderung durch die Krankheit hat mich stark gemacht.“
Clus positive Einstellung war für Nicole Ahrens in der Zeit von Hannas Erkrankung ein Trost. „Es macht einen Unterschied, ob man mit jemandem redet, der selbst betroffen war, oder mit jemandem, der sich das nur vorstellen kann“, erklärt Ahrens. Die Stiftungsgründerin kann den Familien ihre Last zwar nicht abnehmen, ihnen ihre Lebenssituation aber zumindest ein bisschen erleichtern. „Es kann nur einer Kraft weitergeben, wenn er auch Kraft schöpft“ ist deshalb das Motto der Stiftung.
Stiftung ermöglicht Kind sein trotz Krankheit
Auch für Geschwister von erkrankten Kindern sei diese zusätzliche emotionale Stütze extrem wichtig. Laut Clus’ fällt es vielen Kindern in einer solchen Situation schwer, sich mit ihrer Trauer und ihren Ängsten an die Eltern zu wenden – aus Angst, sie dadurch zusätzlich zu belasten. So auch die Söhne von Nicole Ahrens. „Meine Jungs mussten da auch ein Stück Kindheit hinter sich lassen“, sagt die fünffache Mutter. Für ein bisschen Ablenkung im krankheitsbelasteten Alltag hat Evi Clus mit dem Geld aus der Angelo-Stiftung deshalb für Ahrens’ Söhne einen Aufenthalt im Europapark organisiert. Andere Kinder durften ein Fußballspiel besuchen oder haben Kleidung geschenkt bekommen. In einem Fall hat die Stiftung einer Familie sogar einmal einen Hund gekauft. Auch wenn es an dem schweren Schicksal und seinem Ausgang nichts geändert hat, empfand Nicole Ahrens die Betreuung als große Entlastung. „Als Mutter ist es einfach schön zu sehen, dass die Kinder da Aufmerksamkeit bekommen.“
MOPS-Gruppe hilft betroffene Kindern
Zusätzlich hat die psychosoziale Krebsberatungsstelle in Sigmaringen eine Gruppe für betroffene Kinder eingerichtet. Auch Nicole Ahrens’ Söhne haben an der MOPS-Gruppe – eine Abkürzung für „Mutig, optimistisch, positiv, stark“ – teilgenommen. „Um ihnen zu zeigen: Es gibt auch andere Kinder, die das Gleiche durchmachen“, sagt Ahrens. Vor einer Woche ist sie mit Sohn Nummer vier wieder Mama geworden. „Hanna wollte offenbar, dass sie noch einmal große Schwester wird“, sagt Ahrens. Seit Hannas Tod sind nun fast drei Jahre vergangen. Zusammen mit ihrem Partner und ihren Kindern hat Nicole Ahrens seitdem eine Reha für verwaiste Familien gemacht, außerdem engagiert sich die Veringenstädterin ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz und bastelt Häkeltiere für krebskranke Kinder und Jugendliche. Etwas zurückzugeben ist ihr wichtig, über den Verlust hilft es aber nicht hinweg. „Die Trauer hat sich verändert, das erste Jahr war das schlimmste. Aber ich würde nicht sagen, dass sie weniger ist“, sagt Ahrens. Wenn sie von Fremden gefragt wird, wie viele Kinder sie hat, zählt sie ihre Tochter trotzdem ganz selbstverständlich mit. „Sie fehlt. Und sie hat immer noch ihren Platz in der Familie.“